Wanderwetter

Bergrelevante Wetterphänomene

Wetterbedingte Unfälle durch Gewitter sind selten, von 1990-2000 gab es in Österreich nur 51 Unfälle mit Blitzschlag, lediglich 6 davon endeten tödlich (Quelle). Weitere Begleiterscheinungen wie Starkregen (rasch steigende Pegelstände kleinerer Bäche, Muren, Erdrutsche) und Sturm (Absturzgefahr in exponiertem Gelände, Gefahr umstürzender Bäume) sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Andere Wetterverschlechterungen lassen sich leichter vorhersagen, etwa Frontdurchgänge und Schneestürme. Dennoch kommt es gerade da häufig zu Bergeinsätzen.

Aufliegende Wolken (Nebel) kann zum Orientierungsverlust führen, behindert aber auch die Rettungskräfte (Hubschrauber). Letzteres gilt auch für heftige Föhnstürme. Föhn ist ebenfalls gut vorherzusagen, während speziell Nebel und Hochnebel bei Hochdruckeinfluss manchmal eine Herausforderung darstellen. Jeder Bürger mit Internetzugang hat jedoch Zugriff auf öffentlich zugängliche Webcams und Satellitenbilder, mit denen sich die Nebelsituation selbst zur Dämmerungszeit überprüfen lässt. Auch ein GPS ist manchmal hilfreich, im hochalpinen Gelände mit spärlichen Markierungen mitunter dringend anzuraten.

Baumkronenbrand nach Blitzschlag am 04.August 2017, Oppenberg (Rottenmanner Tauern)

Ich bin seit 2010 regelmäßig und in jeder Jahreszeit am Berg unterwegs. So erlebe ich selbst gelegentlich herausfordernde Situationen, am häufigsten bei drohenden Gewittern. Ich würde mich als einen übervorsichtigen Bergwanderer bezeichnen, der lieber eine Tour umplant oder absagt als bei drohenden Gewittern unterwegs zu sein.  Ab dem Zeitpunkt, wo man unter ein kräftiges Gewitter gerät, hat man sein eigenes Schicksal nicht mehr in der Hand, sondern muss auf das Glück vertrauen, vom Blitzschlag verschont zu bleiben. Je blitzreicher das Gewitter, desto mehr Glück ist notwendig. Ich habe mein Schicksal allerdings lieber selbst in der Hand.

Wolken sind die wichtigsten Wetterelemente, um einen Wettersturz vorherzusehen.

Besonders tückisch sind daher Gewitterlagen mit wolkenlosem Himmel. Als ich im Sommer 2011 während einer Wanderung am niederösterreichischen Schneeberg (2076m) ins Gewitter geriet, sagte der ältere Wanderer, den ich beim Aufstieg kennenlernte:

Blick vom Fadensteig nach Nordwesten, 18.August 2011

Blauer Himmel, keine Wolken zu sehen – heute passiert sicher nichts.

Selbst wenn sich Wolken zeigen, die harmlos aussehen, unterschätzt man manchmal, wie rasch sich das Wolkenbild ändern kann.

Blick vom Niederwechsel nach Nordwesten, 20.September 2014

Die Wolken schauen nicht gefährlich aus. Die nächsten zwei, drei Stunden bleibt es sicher noch trocken.

So die Aussage am 20.September 2014 während einer Wanderung am Wechsel (Grenzgebirge zwischen Niederösterreich und Steiermark). Tatsächlich entwickelte sich knapp eine Stunde später ein Gewitter direkt über unseren Köpfen.

Bei wenigen Wetterlagen bzw. Himmelsbildern lässt sich eine Aussage über das Gewitterpotential ohne zusätzliche Hilfsmittel nicht treffen, z.b. wenn der Himmel durch starken Dunst, Saharastaub oder Bewölkung bedeckt ist:

Blick vom Kleinen Barmstein bei Hallein nach Norden, 10.August 2017

In diesem Fall führte die Zufuhr von Saharastaub mit der kräftigen Südströmung zu sehr dunstigen Bewölkungsverhältnissen. Knapp drei Stunden später zogen von der Alpensüdseite her zügig Gewitter über den Alpenhauptkamm und erreichten mit Starkregen auch das untere Salzachtal. Ohne einen gelegentlichen Blick auf das Wetterradar am Handy (Empfang vorausgesetzt!) hätte ich die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt.

In der Mehrzahl der Wetterlagen lassen sich aber verräterische Wolkenanzeichen für Gewitterlagen erkennen:

Altocumulus-Wolken am Vormittag des 18.Juni 2016 im Bernsteiner Hügelland
Die mittelhohen Wolken kündigten hier den Durchzug mehrerer Gewitter im Bernsteiner Hügelland an, ausgerechnet während der Benefizwanderung für Nepal mit Gerlinde Kaltenbrunner und Hans Goger. Im Wetterbericht war nur von Schauern die Rede und die Wettermodelle unterschätzten das Übergreifen der Schauer vom Rax-Schneeberg-Gebiet bis zum Günser Gebirge.
—- Stand, 15.11.18 —-
(Höhenwind)
Neben den Wolken ist auch die Windrichtung und Stärke im Gebirge ein Indiz für das Potential von Schwergewittern; das gilt nicht nur für die Gipfellagen, sondern auch für die Täler. Wind, der das Tal hinauf weht, deutet auf ungestörte Verhältnisse hin. Weht er hingegen das Tal hinab, ist böig und kalt, so handelt es sich um Kaltluft, die durch ein nahendes Gewitter produziert wurde.Mit der Höhe zunehmender Wind deutet zwar einerseits auf Föhn (meist Gewitter unterdrückend) hin, andererseits aber auch erhöhtes Potential für organisierte Gewitter. Organisiert heißt in diesem Zusammenhang: Auf- und Abwindbereiche sind getrennt, das Gewitter wird dadurch langlebiger und ist fähig, größeren Hagel (> 2 cm) und Sturmböen (> 75 km/h) zu produzieren.
Weiters lässt häufiges Donnergrollen eines nahenden Gewitters auf viele Wolken-Erde-Blitze und damit erhöhte Blitzschlaggefahr (Lebensgefahr!) schließen.

1. Bei der Planung von Touren …

Wetterberichte, Profikarten

2. Vor dem Weggehen

Webcams, mittelhohe Wolken

3. Beim Gehen

Himmelsbild, mittelhohe Wolken, Eisschirme, Windsprung, einfallender Nebel, Knistern/sich aufstellende Haare

4. Welche Auswirkungen sind für den Wanderer am gefährlichsten?

Blitzschlag, Starkregen, schlechte Sicht, Sturm, Hagel (terrainabhängig)

5. Beispiele für das Erkennen charakteristischer Wolkenarten

15-16.8.10 (Haller Mauern)

11-12.8.11 (Zillertaler Alpen)

18.8.11 (Schneeberg)

22.8.12 (Gutensteiner Alpen)

26-27.7.13 (Tuxer Alpen)

13.9.13 (Seckauer Tauern)

24.5.14 (Dunkelsteinerwald)

23.7.14 (Wienerwald)

20.9.14 (Wechsel)

13.4.16 (Wienerwald)

16.4.16 (Gutensteiner Alpen)

7.5.16 (OÖ Voralpen)

26-27.5.16 (Nordtirol)

18.6.16 (Bernsteiner Hügelland)

24.6.16 (Rottenmanner Tauern)

30.6.16 (Wienerwald, unklar)

5.7.16 (Wachau, tricky)

 

 

6. Ausnahmefälle

sehr dunstig, Saharastaub, nur tiefe Wolken (Quellwolken), Windsprung signalisiert nur bodennahe Stabilisierung, Nebel (in Quellwolken, keine Sicht zum Himmel)